Holy Smoke

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Daniel Domig
Holy Smoke

Eröffnung: Freitag, 26. April 2024 – 19 Uhr Der Künstler ist anwesend.

Unter dem Titel Holy Smoke präsentiert Daniel Domig seine Malerei erstmals in der Galerie3 und damit auch in Kärnten. Er erforscht in seiner künstlerischen Arbeit soziale Faktoren und Beziehungen als Aspekte der menschlichen Existenz durch die Darstellung archetypischer Formen und paradigmatischer Figuren. Sowohl metaphorisch als auch buchstäblich versucht er herauszufinden, wo eine Person anfängt und eine andere aufhört. In seinen Werken stellt er hauptsächlich den menschlichen Körper dar, ist sich jedoch der Tücke der Figuration bewusst. Da Malerei sowohl illustrativ als auch narrativ sein kann, erhebt sie unweigerlich das Bild zu einem Objekt, das es angeblich hinterfragt. Dabei geht es viel eher um die „Präsenz“ einer Figur, ein visuelles Gefühl oder eine visuelle Aura, die dem Betrachter beim Empfang sehr bewusst ist, ohne offensichtliche Formen zu verwenden, um sie ins Dasein zu bringen.

Malerei (wie alle Kunst) sei der Akt, Rauch in Form zu bringen, das Flüchtige haltbar zu machen und letztendlich zu verweigern, die Worte „das Ende“ auszusprechen. Malerei sei Alchemie. Oder zumindest sollte sie es sein. Das Verrühren von Pigmenten zu einer Paste und das Verschmieren, Abwischen und Entfernen führt schließlich zum sorgfältigen Schichten von Farbe als Linien und Formen. Alles, um klarer zu sehen? Alle Prozesse des Hinzufügens und Entfernens von Farbe führen dazu, dass etwas Neues entsteht. Dieses Etwas wird entweder als neues Sichtbares präsent oder verschmilzt wieder mit den zugrunde liegenden Strukturen der Realität, ein weiterer Versuch, „Sinn“ zu machen.

Zur Ausstellung erschien folgende Kurzgeschichte von Frank Ruf zu Bildern von Daniel Domig:

Dān und Tián auf Expedition Eine Erzählung

Holy Smoke, stürmische Zeiten. Dān und Tián versuchen die Hintergründe hierfür zu verstehen und machen sich daher auf eine Reise in ein unbekanntes Land. Neugierig recken sie ihre blauen und türkisen Köpfe und greifen mit der rauchperligen Goldhand nach dem Neuen. Tiefer Schlaf und rote Lippen, feste Knochen und ruhige Finger sind ihre Werkzeuge, um die Nebelwand des Unbekannten zu durchdringen.

In dem Land, das Dān und Tián bereisen, scheint hüftabwärts Sommer zu herrschen, brustaufwärts Herbst, und mit den Händen lässt sich Schneehaar greifen. Bringt in diesen Gefilden ein fallender Tropfen den Frühling?

In dem Land, das sie erforschen, leuchtet im Dunkeln der eigene Körper, auch bei Dān und Tián. Die traditionell wichtigsten drei Dāntián strahlen am eindringlichsten, der Shang-Dāntián über der Nasenwurzel, der Zhong-Dāntián in der Brustmitte und der Xia-Dāntián knapp unterhalb des Nabels. Aber nicht nur diese drei strahlen.

Dān und Tián steigen in einen unbekannten Fluss, dessen Gestell aus Pastell geschmiedet ist. Die Strömung wird rasch verführerisch handgreiflich und ermöglicht schnelles Vorankommen. In einer Hafenstadt angekommen steigen Dān und Tián wieder aus dem Fluss und trocknen sich am Kaminfeuer einer Hafenkneipe.

In der Hafenkneipe lernen Dān und Tián einen Soldaten auf Heimaturlaub kennen. Er erzählt, wie sich sein Geist entfärbt und wie sich sein Augenlicht dauerhaft auf Nachtsicht umgestellt hat. Er trinkt Schwarztee. Dān bietet ihm mit der rauchperligen Hand eine Zigarette an und Tián lädt ihn auf eine Runde Schattenobstbrand ein.

Ein Orkan fegt über die Hafenstadt. Erst nach dem Sturm können Dān und Tián ihre Expedition fortsetzen. Hierbei gleichen sie zwei Baumsamen, die nach wildem Umhertreiben an ein ruhiges Ufer geschwemmt werden, wo sie sofort ihre ersten zwei bis drei Wurzelstränge austreiben.

Zwar versuchen Dān und Tián mit Nachdruck, dieses Land von Grund auf zu verstehen, doch die vielen unbekannten Größen machen ihre Köpfe müde und schwer. Was für ein großes, vielgesichtiges Land. Wie fossile Gesteinsschichten lasten die bisher ergebnislosen Analysen auf ihrem Geist.

Doch da – plötzlich – tut sich ein Weg auf. Mit dem unwahrscheinlichen Gefährt einer Glühbirnenvase gelingt es Dān und Tián, auf der Erkenntnisrampe dieses Landes weit nach oben zu steigen. Die enorme Helligkeit ab Stufe „Steinkopf“ bietet ihnen einen großartigen Panoramablick.

Nun endlich machen sich auch die gründlichen Reisevorbereitungen bezahlt. Die Extrakörperteile, die sie dabei haben, ermöglichen es Dān und Tián, sich nun eine Menge an Extraaugen einzusetzten, um den Panoramablick vollends auswerten zu können. Jedes neue Paar an Augen kann tiefer ins Licht eindringen.

Doch nicht alles, was sie jetzt sehen, ist süß wie Sirup. Manche Erkenntnis quillt sauer bis ins Mark. Bei so einem Moment fotografiert Dān die Hände von Tián.

Diese tiefe Erkenntnis veranlasst Dān und Tián, vorübergehend im Traum in ihre alte Heimat zurückzukehren. Das soll ihnen helfen, sich innerlich für den letzten Abschnitt der Reise zu wappnen. Mit dreifach verstärkten Sinnen wachen sie wieder auf, bereit für die finale Etappe ihrer Expedition.

Wie es der Zufall will, treffen sie abermals den Soldaten vor seiner Rückkehr an die Front – heute ist sein letzter Abend in der Heimat. Wie gewohnt trinkt er Schwarztee. Dān und Tián versuchen, sich sein Gesicht einzuprägen und haben das Gefühl, dass aus dieser Zufallsbekanntschaft eine langjährige Freundschaft werden könnte. Aus drei Perspektiven studieren sie sein Profil, in drei Varianten lassen sie ihn seine Geschichten erzählen. Drei Zigaretten werden geraucht und drei Runden Schattenobstbrand bestellt. Es wird Mitternacht.

Die Expedition kommt an ihr Ende, Dān und Tián fliegen zurück nach Hause. Im Handgepäck haben sie mehrdimensionale Biographien mit invertierter Ahnenreihe sowie invertierter und individuell angepasster Reihenfolge von Shang, Zhong und Xia. Das dürften die vorsorglichen evolutionären Anpassungen für stürmische Zeiten sein, analysieren Dān und Tián.

Ausstellungsdauer: 27. April – 15. Juni 2024

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