AM ACKER

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Iris Andraschek

AM ACKER


Eröffnung: Freitag, 5. September 2025 – 19 Uhr
Zur Eröffnung spricht Verena Gamper, Kuratorin Belvedere.
Die Künstlerin ist anwesend.

Eröffnungswochenende gemeinsam mit Curated by:
Freitag, 5. September, 11 21 Uhr,
Samstag, 6., & Sonntag, 7. September, 11 18 Uhr


Metallisch schimmernde, filigrane Formen besetzen eine Wand des Ausstellungsraumes. Es sind Halme, Blätter, Wurzeln, Stängel und Ranken von Ackerpflanzen und Wildkräutern, die mit Kupfer oder Nickel galvanisiert wurden. Der Comicwelt entlehnte Sprechblasen begleiten diese Parade von Grotesken. Es wird über Landschaft und Landwirtschaft, über Beweidung und Pflanzenleben und über geopolitische Zusammenhänge konversiert. Iris Andraschek hat über Jahre hinweg mit unterschiedlichen Akteur*innen über deren Zugänge zu Agrikultur, Pflanzenzucht und Biodiversität gesprochen und Zitate aus diesen Gesprächen in

Hybrid Talks zu einem vielstimmigen Dialog verflochten. Zu Sprecher*innen werden die Pflanzen selbst, die ihrem Lebenszyklus des Wachsens und Verwelkens durch das galvanisierende Bad entrissen wurden. Buchstäblich veredelt, thematisieren sie auf poetische Weise die Ursachen und Folgen von künstlicher Hybridisierung des Saatguts. Während genetische Modifikation als natürlicher Prozess permanent stattfindet, gefährdet sie als vom Menschen gelenkter Prozess die Biodiversität und maximiert in einem globalen Markt die wirtschaftliche Abhängigkeit der Landwirt*innen von Großkonzernen. Indem die durch den metallischen Panzer egalisierten Nutz- und Beipflanzen wesenhaft werden und selbst zu Wort kommen, unterstreicht Andraschek die Wichtigkeit der Einbindung der Natur in den Diskurs über die Zukunft der Landwirtschaft bzw. generell der ökonomischen Nutzung unseres Planeten.

Landschaft, Landwirtschaft und Ernährung, Feminismus und (alternative) Formen des Zusammenlebens sind zentrale Themen in der künstlerischen Arbeit von Iris Andraschek, da sich dort das Verhältnis zwischen Natur, Politik und Gesellschaft manifestiert. Welche Gestaltungsmacht gegenüber der Natur beansprucht der Mensch für sich? Inwieweit kann er dies mit seinem Anspruch auf Freiheit argumentieren? In den großformatigen Zeichnungen Unfall, Ader, Wie die Welt noch einmal davonkam oder Happy webt sie wortgewaltige Landschaftsbeschreibungen von Esther Kinsky und Stanislav Lem ein oder zitiert Hannah Arendt, wenn sie in Der Mensch ein gesellschaftliches oder ein politisches Lebewesen in mäandernden Textschleifen über den Menschen mit „seiner pflegenden Fürsorge des Bodens und der Landschaft, seinem handelnden Organisieren der politischen Bezüge in menschlichen Gemeinschaften“, aber auch über die Sinnlosigkeit des menschlichen Handelns „ohne die ständige Anwesenheit einer Mitwelt“ schreibt. Für Arendt bedeutet Handeln, gesellschaftlich und politisch wirksam zu sein, und Freiheit erkennt sie im gemeinschaftlichen Handeln innerhalb der Grenzen des Planeten.

In den Zeichnungen verschmelzen die Textströme mit vergrößerten Abbildungen der galvanisierten Ackerpflanzen, mit Darstellungen von Arabesken und von sogenannten Sheela-na-Gigs: Diese mehrheitlich an sakralen Gebäuden abgebrachten Steinreliefs weiblicher Figuren mit offensiv zur Schau gestellten Vulven sollen je nach Lesart eine unheilabwehrende oder fruchtbarkeitserbittende Funktion gehabt haben, wobei die Widersprüchlichkeit der Interpretationen aus feministischer Perspektive bezeichnend ist. Schließlich nahm die Beschäftigung der Künstlerin mit Sheela-na-Gigs ihren Ausgang an der spätromanischen Kirche im niederösterreichischen, bäuerlich geprägten Dorf Schöngrabern. Damit schließt sich der Kreis dieser von Iris Andraschek in der Ausstellung AM ACKER fein gesponnenen, assoziativ-poetischen Reflexion über Freiheiten und Grenzen menschlichen und nichtmenschlichen (Zusammen)Lebens im Spannungsfeld zwischen Natur und Politik.

Text:Verena Gamper, 2025


Iris Andraschek (*1963 in Horn, NÖ) studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und der Freskoschule in Bozen. Fotografie und Zeichnung sind oft Ausgangspunkt für Auseinandersetzungen mit Themen wie Landleben, Grenzziehungen, alternative Gemeinschaften oder ökologisches Überleben. In installativen Settings bringt sie verschiedene Medien und Themen zusammen und schafft so neue Erlebnisräume. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen gezeigt und mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Österreichischen Kunstpreis für Bildende Kunst. Sie realisierte zahlreiche ortsbezogene Arbeiten, Projekte im öffentlichen Raum und Arbeiten im Zusammenhang mit Erinnerungskultur. Im Rahmen ihrer monumentalen Werkschau im Lentos Kunstmuseum Linz 2022 entstand der umfassende Werkkatalog „I love you :-)“ im Verlag für moderne Kunst. Im selben Jahr waren Iris Andrascheks Werke auch noch in einer Einzelausstellung in der Kunsthalle Göppingen (DE) zu sehen, die GALERIE3 präsentierte zuletzt eine Solopräsentation der Künstlerin im Rahmen der viennacontemporary 2023 und 2024 die Ausstellung „Wir sind so frei“ in der GALERIE3 Klagenfurt. Iris Andraschek wird noch dieses Jahr mit dem Würdigungspreis des Landes Niederösterreich für Bildende Kunst ausgezeichnet. 


6. September – 10. Oktober 2025

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