Ansiin

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Alfredo Barsuglia

Ansiin


Eröffnung: Donnerstag, 30 Januar 2025 – 19 Uhr

After Work in der Galerienszene Schleifmühlgasse: Mittwoch, 5. März 2025 – 17 bis 20 Uhr
Der Künstler ist anwesend!


Zum Neujahrsauftakt widmet die GALERIE3 Wien Alfredo Barsuglia seine bereits zweite Einzelausstellung. In der Ausstellung stellt Alfredo Barsuglia unser Kommunikationssystem an sich in Frage: Das Konstrukt von Sprache, veranschaulicht durch unser Alphabet, in seiner mannigfaltigen Fähigkeit der Sinnstiftung wird im Ausstellungsraum einem fremdartigen Wesen gegenübergestellt. Etwas Ungesehenes, Unbenanntes, das erneut Fragen aufkommen lässt.

Lena Freimüller führte anlässlich der Ausstellung ein Interview mit Alfredo Barsuglia, der Dialog offenbart Einblicke in die Perspektiven des Künstlers und vermag zumindest manche Fragen für uns zu beantworten:


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Lieber Alfredo, Ansiin klingt sehr geheimnisvoll. Wie kam es zu dem Titel? Was verbirgt sich dahinter?

Ansiin ist ein frei erfundenes Wort. Es klingt wie das englisch Wort „unseen“, also „ungesehen“. Die phonetische Verwandtschaft ist zwar beabsichtigt, aber nicht zwingend damit in Verbindung zu setzen. Ich verstehe Ansiin vorwiegend als Name, nämlich als Name des Wesens, das das zentrale Objekt in der Ausstellung darstellt.

Du arbeitest zeitgenössisch, nämlich ohne Grenzen zwischen verschiedenen Medien zu ziehen. In der aktuellen Ausstellung ist das präsenteste Objekt ein großes Wesen, eine pneumatische Skulptur, sie atmet und glotzt uns digital an. Was begegnet uns da?

Ansiin.

In den letzten Jahren hast du immer wieder mit Buchstaben und dem Alphabet gearbeitet: so gab es etwa ein performatives Alphabet (Teil der Sammlung Lentos Kunstmuseum Linz), in dem du mit deinem Körper alle Buchstaben des Alphabets darstellst, aber auch in deinen Malereien legten sich zuletzt Buchstaben über oder unter die gemalten Motive. Hier sehen wir jetzt ein neues Alphabet: Bilder mit zerknitterten Buchstaben. Gib uns doch bitte einen Denkanstoß dazu!

Sprache ist Kultur. Sprache ist logisch. Sprache kann Emotionen hervorrufen, Inhalte vermitteln, verwirren, verstören, erklären… Sprache ist essenziell und bedarf nur 26 Zeichen! Die Reduktion von Sprache auf so wenige Buchstaben ist meines Erachtens eine unglaubliche Errungenschaft.

Die in der Ausstellung präsentierten Buchstaben weisen Gebrauchsspuren auf, aber nur innerhalb der gemalten Fläche, als ob sie schon oft verwendet wurden. Man sieht Spuren von Faltungen und Zerknitterungen, aber die Kontur ist weitestgehend unbeschadet. Auf die Distanz ist nicht zu erkennen, dass diese Buchstaben bereits durch unzählige Wörter „gegangen“ sind.

Das Alphabet kann als ein westliches Ordnungssystem verstanden werden. Spielen Ordnung und Unordnung in deiner Arbeit eine Rolle?

Ja, unbedingt! Sie ergänzen einander. Wobei auch eine Unordnung ordentlich aussehen kann.

Warum diese Werke für diesen Raum hier und jetzt?

Es ist definitiv wieder eine Ausstellung, die nicht eindeutig mir zugeordnet werden kann. Sowohl die Bilder, als auch das Objekt brechen mit dem, was Besucher:innen vermeintlich glauben, von mir zu kennen. Auch wenn die Ästhetik mit meinen bisherigen Werken kongruent ist, ist es doch eine neue Formensprache, die ich in dieser Ausstellung präsentiere und das ist beabsichtigt: niemals Stillstand, so oft wie möglich Neues ausprobieren, überraschen, mich selbst und das Publikum.

Du hast in den letzten 20 Jahren immer wieder Bühnenbilder geschaffen, Performances inszeniert und Raumerfahrungen hergestellt. Würdest du deine Arbeit als theatral bezeichnen? Bzw. welche Rolle spielt das Theatrale in deinen Arbeiten?

Ja, ich liebe es, Welten zu erschaffen. Wenn Besucher:innen an diesen Welten aktiv teilnehmen können, habe ich das Gefühl, mit ihnen zu kommunizieren, ohne mit ihnen zu sprechen.

In deinen Arbeiten auf Leinwand sieht man realistisch dargestellte isolierte Dinge, Früchte, Tiere. Der Großteil der Leinwand bleibt frei, ist dünn hellgrau grundiert. Die Malerei wirkt kühl, die dargestellten Motive dennoch vertraut. Was interessiert dich an dieser Serie von Malerei, die du seit vielen Jahren betreibst?

Für mich stellen diese Malereien etwas Reines, Unberührtes dar. Das für mich ästhetisch ansprechende Motiv ist losgelöst von seiner Umgebung, von Irritation und Ablenkung. Es hat etwas Meditatives, Pures. Das Dargestellte verstehe ich als Porträt. Ob Frucht, Tier oder Gegenstand, ich versuche stets, deren Charakter zu erfassen.

Die dargestellten Dinge haben etwas Erhabenes, Übermenschliches, Transzendentales. Die „Leere“ um das Motiv herum spielt dabei eine große Rolle. Je nach Motiv bedarf es einer größeren oder kleineren leeren Fläche, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Abbildung und Umraum zu erzeugen. Diese Art der Malerei gefällt mir einfach.

Auch bei deinen Arbeiten auf Leinwand spielst du wieder mit Buchstaben, oder besser gesagt Worten – nicht zuletzt im Titel. Provozierst du damit dein Publikum? Handelt es sich um einen versteckten Scherz, eine Form der Kommunikation?

Provozieren will ich niemanden, bestenfalls zum Nachdenken anregen.

Wenn ich ein Bild mit einer Kirsche als Motiv „Marille“ nenne, dann heißt das nur so viel, als dass Bezeichnungen von Begriffen von Menschen definiert wurden und eigentlich jederzeit abgeändert werden könnten. Bei den in der Ausstellung gezeigten Buchstabenbildern ist es so, dass der Titel jedes Bildes immer der auf den abgebildeten Buchstaben folgende Buchstabe ist. Das Bild mit dem Buchstaben A heißt demnach „B“ usw.

Die Kombination von Worten, Buchstaben und Motiven in den Bildern evoziert bei den Betrachter:innen meistens sogenannte Bild-Text-Scheren, die wie Bildgeschichten wahrgenommen werden. Diese Art der Bildbetrachtung bedarf der kreativen Teilnahme.

Ist Humor wichtig für deine künstlerische Arbeit?

Nein. Humor ist aber bestimmt ein wertvoller positiver Teilaspekt.

In den letzten 20 Jahren hast du viele kleine und große Projekte umgesetzt und bist sicher einer der umtriebigsten Künstler:innen deiner Generation. Ob öffentlicher Raum, Land, Stadt, Bühne oder kommunaler Wohnbau – du setzt Kunst ortspezifisch um und intervenierst künstlerisch. Wie bringst du deine umfassenden Kunstprojekte mit deiner Malerei zusammen? Sind das verschiedene Dinge für dich?

Natürlich sind das verschiedene „Dinge“, ich würde sagen verschiedene Disziplinen. Der öffentliche Raum ist nicht mit einer Galerieausstellung vergleichbar. Es erfordert ganz unterschiedliche Herangehensweisen. Die Heterogenität, die Interdisziplinarität in meiner Arbeit hilft mir bei der Konzipierung und Realisierung neuer Werke. Umso diversere Erfahrungen ich sammle, desto größer wird das Pool an Möglichkeiten für zukünftige Projekte.

Der erste Eindruck, den ein Werk vermittelt, das visuelle Erscheinungsbild sozusagen, ist das grundlegende Element, der gemeinsame Nenner all meiner Arbeiten und gleichsam das Tor, das zur dahinterstehenden Idee führt.

Wen wünschst du dir als Publikum deiner Kunst?

Alle und jede:n.

Ansiien mit A wie Anfang.

Manchmal sieht man den Anfang gar nicht, weil man bereits mitten drinnen steckt: „unseen“.


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31. Januar – 22. März 2025

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