Eröffnung: Donnerstag, 4. Mai 2023 – 19 Uhr
Zur Eröffnung spricht Luisa Ziaja, Chefkuratorin Belvedere Wien
Künstlerinnengespräch mit Margot Pilz: Donnerstag, 11. Mai 2023 – 18 Uhr
Galerie3 Wien | Pop up location: DIT, Schleifmühlgasse 1, 1040 Wien
Öffnungszeiten: Di – Fr: 11 – 18 Uhr, Sa: 11 – 16 Uhr
Neue Arbeiten zu den Themen Natur und Alter hat Margot Pilz für die Ausstellung >Unique<, das Frühjahrs-Gastspiel der Galerie3 in der Wiener Schleifmühlgasse, geschaffen. Mit 86 Jahren scheint die Künstlerin, beflügelt durch späten Ruhm, motivierter denn je und innovativ wie eh und je. Nähe in Beziehungen, Nähe zur Natur und Nähe zum Tod verarbeitet sie in ihren aktuellen Serien. Sie bedient sich dabei nicht nur ihres Hauptmediums der Fotographie, sie macht sich auch weiterhin digitale Methoden zu eigen, referenziert eigene frühere Arbeiten und experimentiert mit Porzellan. Darüber hinaus ist eine einzigartige Auswahl von kleinen Originalen aus dem Studio Pilz zu sehen. Von Polaroid Einzelstücken bis hin zu fein ausgearbeiteten vintage Fotoarbeiten und Unikat-Serien, in den 70er Jahren von der Künstlerin selbst entwickelt, reicht das Spektrum, das in kleinen Formaten die Werkgeschichte einer großen Künstlerin erzählt.
Seit den 70er Jahren setzt Pilz sich stetig mit den Verhältnis Mensch-Natur auseinander. Umweltschutz hieß es damals in den 80ern und Margot Pilz war vor Ort, bei der legendären Besetzung der Au in Hainburg nahe Wien. Mit der Kamera fing sie Szenen ein: Bäume, Zelte, Schilder, Menschen. Bevor ihre Arbeit „Fata Morgana Hainburg“ aber fertig war, verbrachte sie noch viele Stunden im eigenen Fotostudio, wo sie in der Dunkelkammer mit Spiegeln und Fotomaterial in der „Kleinen Weißen Zelle“, der „Schwesterzelle“ experimentierte.
„Sete“, zu Deutsch Durst, eine Serie selten gezeigter Farbfotographien auf originalen Holzdisplays aus 1991 ist in der Ausstellung zu sehen. Die Natur, nicht der Mensch ist im Fokus der Serie, in der sie sich während ihrer Atelierzeit in Rom mit dem Austrocknen der Gewässer auseinandersetzte. In den 90er Jahren schuf Pilz auch außergewöhnliche Medienskulpturen und Videoarbeiten: „Cyber Knowledge. Die Konstruktion der Dekadenz“ heißt etwa ein 130cm großer Nashornkopf, in dessen Augen ein Video zu sehen ist, in dem wilde Tiere gegen Zäune laufen. Die Skulptur ist heute in musealem Besitz und war zuletzt 2021/2022 frisch renoviert in Pilz‘ großer Soloausstellung in der Kunsthalle Krems zu sehen. Immer schon habe sie mit der Natur gefühlt, so Pilz. Die Gewalt, die man der Natur antut, spüre sie körperlich, erzählt die Künstlerin, die dieses Thema seit nunmehr fünf Jahrzehnten beschäftigt.
Seit 2021 schuf sie unter dem Titel „Restnatur“ Porzellanobjekte, filigran und roh zugleich, die Fragmente von Pflanzen und Tieren zeigen. 2023 entstanden darauf aufbauend neue digital bearbeitete Fotographien. Um das Verschmelzen mit der Natur gehe es ihr in der Serie Restnatur, so Pilz. Die Nähe und Liebe zur Natur, das zurück zur Natur und das wieder eins werden mit ihr sind im Alter und heute, wo der Begriff Klimakrise omnipräsent ist, aktueller denn je.
Eine der ikonischen Arbeiten von Margot Pilz aus den späten 70er Jahren zeigt ihre Hände in Nahaufnahme, geballte Fäuste, wütende Frauenhände, wiederständische Handzeichen. In ihrer neuen Serie „Alte Hände“ geht es nunmehr nicht mehr um Wut auf das Patriachat, sondern es ist ihrem Alterszyklus zuzuzählen. Beziehung und Körperlichkeit im Alter sind das Motiv. Während sie in ihrer emanzipierten 3-teiligen Interpretation der Pietà 2018 Sexualität, Gleichberechtigung und Alter verhandelt, begegnen sich in der Serie aus 2023 diese gleichgroßen und doch so verschiedenen Hände mit Vertrautheit und Zärtlichkeit. Diese neu entstandenen intimen Fotographien, die Beziehung im letzten Lebensabschnitt thematisieren, sind in der Ausstellung >Unique< das erste Mal zu sehen.
Eine kleine Wand lässt die Besuchenden auf kleine Unikate aus fünf Jahrzehnte der künstlerischen Arbeit von Margot Pilz blicken.
Polaroids finden sich hier, die nichts von ihrem Zauber verloren haben. Pilz war zu ihrer Zeit als Meisterin der Dunkelkammer bekannt und aus genau dieser, ihrem eigenen Fotostudio, stammen auch die kleinen seltenen Werke und Einzelstücke, die hier erstmals das Licht eines Ausstellungsraumes erblicken.
Margot Pilz (*1936, Haarlem NL) gilt als bedeutende Künstlerin der feministischen Avantgarde sowie Pionierin der österreichischen Medienkunst und der performativen Fotographie. Politisiert durch die Aufbruchstimmung und Solidarität zwischen Frauen in den 70er-Jahren arbeitet Margot Pilz sich künstlerisch an verkrusteten Rollenzuschreibungen ab, thematisiert früh die Zerstörung der Umwelt, setzt legendäre Interventionen im öffentlichen Raum um, wagt sich als eine der Ersten an digitale Kunst und rührt auch heute noch an Tabuthemen wie Sexualität und Alter.
Margot Pilz erhielt im Laufe ihres Lebens zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt 2019 den Kulturpreis des Landes Niederösterreich und 2022 den Österreichischen Kunstpreis. Ihre Werke sind in musealen Ausstellungen und Sammlungen im In- und Ausland vertreten.