Anna Khodorkovskaya
What’s Fun?
Eröffnung: Donnerstag, 21. November 2024 – 19 Uhr
Zur Eröffnung spricht Lisa Ortner-Kreil, Kuratorin, Bank Austria Kunstforum Wien
Die Künstlerin ist anwesend.
Katalogpräsentation: Donnerstag, 5. Dezember 2024 – 18 Uhr
Finissage: Freitag, 24. Januar 2025 – 16 bis 19 Uhr, Führung: 16:30 Uhr
„Anna Khodorkovskayas Solo-Ausstellung in der GALERIE3 Wien zeigt unter dem Titel WHAT’S FUN? brandneue Arbeiten sowie das breite künstlerische Spektrum der bereits vielfach ausgezeichneten Künstlerin. 1985 in Moskau geboren, lebt und arbeitet sie seit mehr als 12 Jahren in der österreichischen Hauptstadt und eben diese Periode umfasst auch ihre Monographie, die zur Ausstellung im Verlag für Moderne Kunst erscheint.
‚Deine Kunst ist immer irgendwie witzig, höre ich von allen. Ich finde das alles eigentlich überhaupt nicht lustig!‘ sagt die Künstlerin, rümpft die Nase, zuckt ironisch mit den Mundwinkeln. Anna Khodorkovskaya arbeitet in vielen verschiedenen Medien, u.a. Mosaik, Malerei, Aquarell, installativ und im Kollektiv. Khodorkovskayas künstlerischer Output ist kühn und unerschrocken, mit Lust am Experiment, bunt und direkt, stets dienen ihr Sprache und Text als wichtiger Anker. WHAT’S FUN also? – Was ist daran so lustig? Was genau bedeutet Spaß? So fragt die Künstlerin in ihrer titelgebenden Mosaik-Arbeit und reicht die Frage damit direkt an ihr Publikum weiter.
In der Ausstellung der GALERIE3 treffen jüngere auf ältere Werkserien. Ein Dauerbrenner sind Anna Khodorkovskayas Text-Mosaike. Dafür nimmt sie Wörter und Phrasen aus der Alltagssprache und lässt dann in Form sorgfältig zusammengesetzter quadratischer Mosaik-Steinchen in kräftigen, kontrastreichen Farben, Botschaften auf den Ausstellungsraum los, die auch in der Gruppe funktionieren und wie bei einem modularen System (denn nichts anderes ist auch Sprache) immer wieder neu zusammengesetzt werden können. Sprache und Außersprachlichkeit – in der Stadt von Ludwig Wittgenstein ein Thema, das bei Anna Khodorkovskaya natürlich auch durch die Tatsache, dass sie keine deutsche Muttersprachlerin ist, eine besondere Bedeutung bekommt. Sprachliche Verkürzungen und Verkümmerungen aber auch die Sinnlosigkeit und Oberflächlichkeit bestimmter sprachlicher Konventionen werden uns in dem Moment, in dem wir uns den von der Künstlerin auserwählten sprachlichen Fragmenten in Mosaikform gegenübersehen, bewusst.
Zwei neue Werkserien hat Anna Khodorkovskaya mittels Malerei und in Form von roten Tuschezeichnungen ausgeführt. Entgegen dem konzeptuellen Ansatz, den sie in ihren mit Text in Zusammenhang stehenden Arbeiten verfolgt, huldigt die Künstlerin hier der figurativen Darstellung: Körper stehen miteinander in Beziehung, umklammern sich, zerren aneinander, es ist sowohl in der Malerei als auch besonders in den Tusche-Arbeiten ein fast gewaltvoll zu nennender Ton, der Einzug hält. ‚Es geht hier auch um den Glitch‘, sagt die Künstlerin. In Reaktion auf die Image-Prompts von künstlicher Intelligenz hat Anna Khodorkovskaya ihre Figuren etwa mit zu vielen Fingern oder Zehen ausgestattet, dies aber natürlich alles handgemacht und absichtlich. Diese Körper und Gliedmaßen lösen, selbst wenn man teilweise an den Prunk barocker Figurendarstellung erinnert ist, ein zutiefst zeitgenössisches Gefühl aus: Grundlegende Tatsachen werden plötzlich in Frage gestellt, nichts und niemand ist mehr sicher.
Im Ausstellungsraum sind darüber hinaus auch Tische und Bänke, deren Oberflächen als Mosaik ausgeführt sind, zu sehen: Seit einigen Jahren arbeitet die Künstlerin mit Flüchtenden und leitet Community Art Projekte an. In diesem Zusammenhang sind Möbelstücke entstanden, die nicht nur betrachtet, sondern auch benutzt werden dürfen und den verbindenden, gemeinschaftlichen Charakter von kreativer Arbeit in den Galerieraum bringen. Die Künstlerin hat die Teilnehmer:innen ihres Workshops bei der Arbeit an den Mosaik-Bänken begleitet und bringt diese nun mit von ihr selbst gestalteten runden Tischen zusammen: Kunst und Kommunikation auf den Punkt gebracht.
Last but not least: Anna Khodorkovskayas bereits etwas ältere Werkserien One Anna a Day und Art & Everything sind in Aquarell und Acryl ausgeführten Arbeiten, in denen sie Selbstporträts mit Text-Fragmenten verbindet bzw. über den Begriff ‚Art‘ – Kunstbetrieb und Kunstszene – wortspielerisch reflektiert. Beide Serien kann man bereits als Klassiker bezeichnen, die auf den Gesichtern von Anna Khodorkovskayas Publikum ein Lächeln hervorzaubern, das sogleich aber wieder gefriert. ‚They accused me of art‘, ‚Art is happy‘ und ‚Art Genozid‘ ist da zu lesen. Ob das alles so lustig ist? Ansichtssache.“
Lisa Ortner-Kreil
Ausstellungsdauer: 22. November – 24. Jänner 2025