Wir sind so frei

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Iris Andraschek
>Wir sind so frei<

Eröffnung: Freitag, 1. März 2024, 19 Uhr
Die Künstlerin ist anwesend.

Iris Andraschek lädt uns mit ihrer Ausstellung „Wir sind so frei“ dazu ein, auf den ersten Blick Nicht-Zusammengehörendes zusammenzuschauen und Ambivalenzen auszuhalten. Der Kunstraum, die Galerie, wird als offene Stelle verstanden, in der die Begegnung mit Widersprüchen unserer Zeit angestoßen wird, ohne uns in eine Richtung zu drängen. So können wir Vielfalt wahrnehmen und leben. „Viele sind von den unendlichen Möglichkeiten unserer Zeit überfordert“ so die Künstlerin, die uns aber zugleich Mut zuspricht. Sie arbeitet und spricht für Komplexität statt Vereinfachung!

Der Schwerpunkt von Iris Andraschkes Ausstellung in der Galerie3 Klagenfurt liegt auf neuen grafischen Arbeiten. Die Zeichnung, ihr erstes und ursprüngliches Medium bildet das Fundament der Ausstellung. In ihren wohlbekannten Bleistiftzeichnungen auf halb transparenten Spezialpapieren verknüpft sie subjektive Eintragungen, Gesprächs- oder Interviewauszüge, die sie in langwierigen Arbeitsphasen auf die Blätter schreibt, mit Realitätsfragmenten, eigenen Fundstücken oder Eindrücken aus unterschiedlichen Medien. Spuren des Arbeitsprozesses sind genauso zugelassen, wie verrinnende Farbe. Dadurch können sie an manchen Stellen auch sehr malerisch werden. Diese vielschichtigen Zeichnungen werden mit ihren Fotographien aus verschiedenen Werkserien verwoben oder gegenübergestellt. Ambivalenzen spielen hier die Hauptrolle und die Künstlerin blickt zugleich zurück und voraus.

Derzeit beschäftigt sich Andraschek unter anderem mit Artefakten und Ausgrabungen, die sie mit Gegenwärtigem zusammenfügt. In den Zeichnungen taucht etwa ein Mammutbaby auf, das erst vor kurzem im schmelzenden sibirischen Permafrost entdeckt wurde. Einerseits kann man jetzt durch solche Funde ins Paläolithikum zurückblicken und somit neue geschichtliche Erkenntnisse offenlegen, andererseits kann dieser Fund aber auch als Vorzeichen unseres eigenen Untergangs gewertet werden: Permafrost, der schmilzt ist eine von vielen möglichen Katastrophen für unsere Welt. Hundertausende Jahre treffen sich in einer Zeichnung und verbinden sich auf ungewöhnliche Art und Weise. Tiere, Pflanzen, archäologische Artefakte werden mit zeitgenössischen Eintragungen verknüpft. Mit dem Zusammenfügen unterschiedlicher Elemente erzeugt die Künstlerin einen Schwebezustand, zwischen zurückschauen und nach vorne blicken. „Wir wandeln an Grenzen“ sagt sie.

„Wir sind so frei“, gibt keine Antworten. Die Ausstellung offeriert vielmehr Vielheit und Lust am Perspektivenwechsel: Widersprüche werden hier aufgedeckt und spannen einige große Themen unserer Gegenwart auf. Komplexitäten werden sichtbar, Vielseitigkeit kommt zum Vorschein, unterschiedliche Dinge werden aufeinander bezogen. Dabei greift Andraschek immer wieder auf wichtige und vertraute Themen in ihrem Werk zurück: Feminismus und Care-Arbeit, Pflanzenerhalt und die Strukturen und Protagonistinnen der Landwirtschaft, sind nur zwei der Spannungsfelder, die sie assoziativ und analytisch verbindet und intermedial aufspannt.

Widersprüche charakterisieren und definieren unsere Zeit, Vieles ist verwirrend und anstrengend. Iris Andraschek setzt sich in ihrer Einzelausstellung in der Galerie3 Klagenfurt mit einer Zeitqualität auseinander, in der wir gerade existieren: „Wir sind so frei!“ Entscheidungen zu treffen, gehört damit zu unseren täglichen Herausforderungen. Doch woran können wir uns dabei orientieren? Andraschek sieht uns momentan in einer sehr gefährlichen Situation. Wir sind überfordert und suchen dadurch nach einfachen Lösungen. Für Viele ist die Demokratie kein Gut mehr das wir verteidigen müssen. Klarheit kann somit auch gefährlich sein, pragmatische Lösungen mitunter schwierig, da sie zu vereinfachend sind. Entscheidungen, Antworten – so die Künstlerin – sind nur mit viel Engagement und nur dann möglich, wenn Situationen immer wieder spezifisch und neu bewertet werden. Es gibt keine Endgültigkeit. „Wir müssen gerade jetzt flexibel und wendig sein, um zu Antworten zu kommen,“ meint Andraschek und bietet mit dieser Ausstellung einen ästhetischen Anlass, sich mit Vielheit und Komplexität auseinanderzusetzen und sich genussvoll auf Widersprüche einzulassen.

Iris Andraschek (*1963 in Horn, NÖ) studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und der Freskoschule in Bozen. Fotografie und Zeichnung sind oft Ausgangspunkt für Auseinandersetzungen mit Themen wie Landleben, Grenzziehungen, alternative Gemeinschaften, ökologisches Überleben. In installativen Settings bringt sie verschiedene Medien und Themen zusammen und schafft so neue Erlebnisräume. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen gezeigt und mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Österreichischen Kunstpreis für bildende Kunst. Sie realisierte zahlreiche ortsbezogene Arbeiten, Projekte im öffentlichen Raum und Arbeiten im Zusammenhang mit Erinnerungskultur. Im Rahmen ihrer monumentalen Werkschau im Lentos Kunstmuseum Linz (AT) 2022 entstand der umfassende Werkkatalog „I love you :-)“ im Verlag für moderne Kunst. 2022 waren Iris Andrascheks Werke auch noch in einer Einzelausstellung in der Kunsthalle Göppingen (DE) zu sehen, die Galerie3 präsentierte zuletzt eine Solopräsentation der Künstlerin im Rahmen der viennacontemporary 2023.

Ausstellungsdauer: 2. März – 13. April 2024

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