Wir sind immer mittendrin

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Veronika Dirnhofer

mit Pavlo Makov

Wir sind immer mittendrin


Eröffnung: Donnerstag, 3. April 2025 – 19 Uhr

Die Künstlerin ist anwesend.


Wir sind immer mittendrin


Die Werke von Veronika Dirnhofer entstehen in einem intensiven Dialog zwischen Körper, Material und Umwelt. In ihrer jüngsten Ausstellung „Wir sind immer mittendrin“ widmet sich die Künstlerin der ökologischen Krise, einem Thema, das sie seit mehreren Jahren intensiv beschäftigt. Ihre großformatigen Arbeiten auf Papier, Keramiken und Collagen reflektieren nicht nur ihre persönliche Auseinandersetzung mit der Klimakrise, sondern auch ihre Rezeption einschlägiger Literatur und theoretischer Diskurse.

Malerei als körperlicher Prozess


Veronika Dirnhofers abstrakte und gestische Malweise betont den unmittelbaren Ausdruck und das prozesshafte Entstehen eines Bildes. Für sie bedeutet dies einen körperlichen Akt: Mit großflächigen Arbeiten von bis zu 230 x 150 cm begegnet sie der leeren Fläche als einem Gegenüber. Ihre Malerei entwickelt sich in Schichten, ähnlich geologischen Formationen, die an Gesteinsschichten, Flusslandschaften oder Horizonte erinnern.

Besonders prägend ist ihr reduzierter Materialeinsatz: Seit zwei Jahren arbeitet sie hauptsächlich auf Papier, um nachhaltiger zu produzieren. Dabei beginnt sie oft mit einer einfachen Kreidezeichnung, bevor der eigentliche Malprozess, der intuitiv und dialogisch erfolgt, die Oberfläche in eine dynamische Farbwelt verwandelt. Rottöne symbolisieren für sie die brennende Erde und pulsierende Lebensadern, während Blau als Metapher für Wasserlinien und Flüsse steht. Ergänzt durch Tusche und Erdpigmente, entstehen atmosphärische Bilder, die den physischen Entstehungsprozess sichtbar machen und den Betrachter:innen eine fast meditative Tiefe eröffnen.

Literatur als Inspirationsquelle


Dirnhofers intensive Auseinandersetzung mit der Klimakrise ist auch eine intellektuelle. Sie bezieht sich auf eine Vielzahl literarischer und theoretischer Werke, deren Gedanken sich in ihren Arbeiten spiegeln. So verweist sie auf Rachel Carsons „Man’s War Against Nature“ (1962), James Lovelocks „We Belong to Gaia“ (2009), Donna J. Haraways „Unruhig bleiben“ (2016), Bruno Latours „Critical Zones“ (2020), James Bridles „Die unfassbare Vielfalt des Seins“ (2022) oder Nikolaj Schultz’ „Landkrank“ (2023). Auch Songtexte wie „Enough about Human Rights“ von Moondog (1978) haben ihre Arbeit beeinflusst. Diese Texte verarbeitet sie nicht nur inhaltlich, sondern integriert sie auch visuell: Titel, Zitate oder Buchcover werden auf die bereits bemalten Papiere siebgedruckt. Damit würdigt sie die Autor:innen, deren Denken ihr eigenes künstlerisches Schaffen bereichert.

Keramiken als erdverbundene Objekte


Neben der Malerei spielt die Arbeit mit Ton eine wesentliche Rolle in Dirnhofers Schaffen. Sie verwendet natürliche Tone, die sie zum Teil selbst sammelt und immer wieder aufbereitet, und formt daraus Objekte, die an organische Strukturen erinnern – etwa erodierte Erdkrusten oder erstarrte. Diese Keramiken haben oft Risse und raue Oberflächen, die an Erd- und Körperöffnungen oder auch an Wunden erinnern können, und so ein Gefühl der Fürsorge und Verbundenheit erzeugen. Die Glasuren verlaufen unkontrolliert, sodass die Objekte einen eigenständigen Charakter entwickeln – als seien der Erde entwachsen.

Collagen als Reflexion vielschichtiger Diskurse


Ergänzend dazu experimentiert Dirnhofer mit Collagen, in denen sie Fotografien, Scans von Buchseiten, Textauszüge mit eigenen Markierungen und Notizen kombiniert. Diese Arbeiten greifen die Komplexität der Klimadebatte auf und verweisen auf die Vielstimmigkeit ökologischer Diskurse. Sie laden die Betrachter:innen ein, sich in dieses dichte Geflecht aus Gedanken und Bildern einzulesen und einzusehen, dass die Klimakrise nicht monolithisch, sondern ein vielschichtiger, globaler Prozess ist.

Mit „Wir sind immer mittendrin“ macht Veronika Dirnhofer deutlich, dass es keine Außenperspektive auf die ökologische Krise gibt. Wir sind nicht Beobachter:innen, sondern Teil dieses Geschehens. Ihre Arbeiten sensibilisieren für eine Welt, die sich in dramatischem Wandel befindet, und laden dazu ein, sich dieser Realität mit Empfindsamkeit und Aufmerksamkeit zu stellen.

Und Pavlo Makov

Im Rahmen ihrer Ausstellung hat Dirnhofer den renommierten ukrainischen Künstler Pavlo Makov eingeladen, eine Auswahl seiner Werke zu präsentieren. Die beiden verbindet eine langjährige Freundschaft und ein künstlerischer Austausch. Makov zeigt eine Auswahl an Druckgrafiken, die wiederholt das Motiv eines Gebäudes, einer Schwalbe und eines Trichters zeigen. Die kleinformatigen Arbeiten entfalten eine melancholische, aber auch suchende Qualität. Die wiederholte Verwendung der Motive und die skizzenhafte Anmutung unterstreichen den prozesshaften Charakter seiner Kunst.

Text: Verena Kaspar-Eisert

 4. April – 23. Mai 2025


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